Die AHV – Rente hat ihren Auftrag nie erfüllt!

31.7.2018     Janine Hosp     Tages Anzeiger

Wenn die Renten weiter sinken, sind mehr Personen auf Ergänzungsleistungen angewiesen. Das schadet allen.

Bereitgestellt von Tagesanzeiger Der Abschied vom guten Leben

Sie haben ein Leben lang immer gearbeitet, immer Beiträge für die AHV und Pensionskasse einbezahlt, und trotzdem bleibt ihnen im Alter nicht genug zum Leben. Sie brauchen Ergänzungsleistungen. Für viele ist das der Abschied vom guten Leben: Eine alleinstehende Person erhält pro Monat höchstens 1100 Franken für die Miete, ein Auto oder Ferien liegen nicht mehr drin. Und das Futter für den Hund muss man sich vom Mund absparen.

Wegen der sinkenden Renten wird künftig eine wachsende Zahl von Pensionierten auf Ergänzungsleistungen angewiesen sein. Und wenn nichts geschieht, werden wir zu einem Volk von Ergänzungsleistungsbezügern, wie Thomas Gächter, Professor für Staats- und Sozialversicherungsrecht, im Interview mit dieser Zeitung sagte.

Aber so war es nicht gedacht. Gedacht war, dass möglichst jeder selber für das Alter vorsorgt und nicht auf Geld vom Staat angewiesen ist: Die Rente aus der ersten Säule, aus der AHV, sollte die Existenz sichern, jene aus der zweiten Säule, aus der Pensionskasse, den bisherigen Lebensstandard.

Nicht einmal mit der höchstmöglichen AHV-Rente von 2350 Franken kann heute jemand leben.

Nur: Die AHV-Rente hat ihren Auftrag nie erfüllt. Nicht einmal mit der höchstmöglichen AHV-Rente von 2350 Franken kann heute jemand leben. Und jene aus der Pensionskasse sinkt rasant: Allein zwischen 2013 und 2017 ist so die mittlere Rente aus erster und zweiter Säule um 600 Franken gesunken, von 5357 auf 4741 Franken. Das zeigt die neueste Studie von Swisscanto Vorsorge. Und die Renten werden weitersinken.

Das heutige System – zumindest so, wie es gedacht war – hat einen entscheidenden Vorteil. Das Geld, das jeder fürs Alter zur Seite legt, ist für die Rente reserviert. Das Geld für Ergänzungsleistungen hingegen zahlen Bund und Kantone aus ihren Steuererträgen. Damit steht es aber in Konkurrenz zu anderen Ausgaben – und ist der politischen Stimmungsmache ausgesetzt. Bereits bei der aktuellen Reform der Ergänzungsleistungen überbieten sich Ständerat und Nationalrat mit Vorschlägen, wie bei den Ausgaben noch mehr gespart werden könnte. Steigen diese Kosten weiter wie bisher – sie haben sich seit 2000 auf 4,9 Milliarden verdoppelt –, werden die Einschnitte künftig noch schmerzhafter.

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